Sonntag, 8. Mai 2011

Tag der Befreiung


Oft habe ich sie gelesen, die "Kriegstagebücher" von Konstantin Simonow, in denen er seine Erlebnisse als Frontkorrespondent schildert.

Auch die Geschehnisse des 8. Mai 1945 finden sich im 2. Band, war er doch Augenzeuge der Kapitulation in Berlin-Karlshorst.

Momente einige Stunden vor dem historischen Ereignis beschreibt er so:

"Wir verbrachten einige Tage in Berlin und fühlten täglich deutlicher, daß die Kapitulation Deutschlands vor der Tür stand. Schon kursierten Gerüchte, die der Wahrheit mehr oder weniger nahe kamen, und dann wurden spätabends alle in Berlin arbeitenden Korrespondenten, soweit sie irgendwie erreichbar waren, kurzfristig zum Stab der Front bestellt. Wir hatten die Stadt verlassen und befanden uns auf halbem Wege zum Stab, als wir plötzlich ein rasendes Feuer Feuer hörten und sahen. Ringsum erhellten Leuchtspurgeschosse und Granaten den Horizont. Da wußten wir, der Krieg war zu Ende. Nichts anderes konnte dieses Feuerwerk bedeuten. Und plötzlich fühlte ich mich elend. Ich schämte mich vor meinen Begleitern, mußte aber schließlich doch aussteigen. Ich verspürte ein krampfhaftes Zucken in der Kehle und in der Speiseröhre, der Speichel lief mir zusammen, bitterer Geschmack, Galle. Ich weiß nicht, wovon. Wahrscheinlich von der Anspannung der Nerven, einer Überlastung, die sich in dieser unangenehmen Weise äußerte. Während der ganzen vier Kriegsjahre war ich in jeder Lage bemüht gewesen, mich zu beherrschen und das war mir wohl auch gelungen, doch hier, in diesem Augenblick, als ich begriff, daß der Krieg aus war, erschütterte mich etwas und die Nerven versagten. Meine Genossen lachten nicht und spotteten nicht, sie schwiegen."

Quelle: Kriegstagebücher, Zweiter Band 1942 - 1945, Verlag Volk und Welt, 1. Auflage 1979, S. 694


8 Kommentare:

  1. Liebe Kampfgenossin Jette,
    Interessant. Naja, was K. SIMONOW da beschreibt, ist eigentlich mehr ein Brocken für Psychologen…
    Ganz liebe Kampfesgrüße,
    Nadja

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  2. Da hast Du sicher recht, Nadja, mir kam es vor allem menschlich vor nach 4 Jahren des unmenchlichen Krieges. Das war der Grund, warum ich diese Stelle und nicht die Beschreibung der Kapitulation in Berlin-Karlshorst gewählt habe. Liebe Grüße Jette

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  3. Tatsächlich liebe Jette,
    Das ist ein menschliches Moment, wie es auch im Kriege selbst – trotz alledem –menschliche Momente gab, auch auf deutsche Seite: Erinnern wir uns z.B. an Oberst Rudolf PETERSHAGEN, Greifswald.
    Ganz liebe Grüße,
    Nadja

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  4. Es handelt sich ja immerhin um Tagebücher und daher auch um die Beschreibung der Erlebnisse und Gefühle Simonows in den entsprechenden Situationen. Wenn man seine Tagebücher liest, weiß man dann auch, daß er sich immer mal wieder in den eingeschobenen Nachbetrachtungen - aufgrund von Recherchen in den Militärarchiven und späteren Gesprächen mit anderen Kriegsteilnehmern - korrigiert hinsichtlich von Fakten (auch Personen), die er damals nur aus seinem persönlichen Blickwinkel und mit dem ihm zu den entsprechenden Zeitpunkten zur Verfügung stehenden Informationen niederschreiben konnte. Aber eben das macht seine Tagebücher genauso lesenswert wie seine Romane, Novellen, Gedichte, ...

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  5. @Micha: Vielen Dank für diese interessante Erklärungen!
    Mit sozialistischen Gruß,
    Nadja NORDEN

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  6. Nichts zu danken, Nadja. Ich hoffe, meine Worte kamen nicht zu aufgeregt daher. Jette kennt mich von YT und kann sicher bestätigen, daß ich dort auch manchmal ziemlich aus der Haut fahren kann (was hier aber nicht der Fall war). Nur bin ich eben der Meinung, daß man nicht alle menschlichen Gefühlsäußerungen gleich als Fall für den Analytiker betrachten sollte. Nicht auszudenken, was dann vielleicht bei mir so ans Tageslicht gezerrt würde... ;)

    Liebe Grüße zurück!

    Michael

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  7. Hilfe Micha, Dein Kommentar ist weg, ich kopier den jetzt aus der Mail und stelle ihn ein

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  8. Micha hat gesagt:

    Nichts zu danken, Nadja. Ich hoffe, meine Worte kamen nicht zu aufgeregt daher. Jette kennt mich von YT und kann sicher bestätigen, daß ich dort auch manchmal ziemlich aus der Haut fahren kann (was hier aber nicht der Fall war). Nur bin ich eben der Meinung, daß man nicht alle menschlichen Gefühlsäußerungen gleich als Fall für den Analytiker betrachten sollte. Nicht auszudenken, was dann vielleicht bei mir so ans Tageslicht gezerrt würde... ;)

    Liebe Grüße zurück!

    Michael

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