Dienstag, 8. Februar 2011

Grauer Alltag?


Seit ein paar Tagen, ich hatte es bereits geschrieben, besitze ich das Buch "DDR - Realität und Hoffnung" vom GNN Verlag. Bei Lesen der einzelnen Beiträge kommen natürlich Erinnerungen hoch, besonders wenn von Orten bzw. Ereignissen die Rede ist, an denen ich war oder an denen ich teilgenommen habe.

Heute will ich diese - meine - Erinnerungen unter den Aspekt des grauen Alltags in der DDR stellen.
Das ist so ziemlich das harmloseste, was man zu hören bekommt. "Bei Euch war alles grau, alles von Geburt bis Sterben durchgeplant, kein Ausscheren möglich - eben langweilig. Wie gesagt, das sind wohl die nettesten Kommentare, wenn meine Kollegen oder Kolleginnen über mein Heimatland sprechen.

Ja, viele private Fotos, auch noch 1989, waren schwarz-weiß. Auch die meisten Fernseher, die in DDR-Haushalten standen, strahlten nur schwarz-weiße Bilder aus. An den Häusern in Stadt und Land fehlte die grelle Reklame, die heute mitunter einfach nur in den Augen schmerzt.
War deshalb unser Leben grau und trist?

Meines war es nicht, ganz sicher nicht. An Urlaube vor meiner Schulzeit kann ich mich selbst nicht erinnern. Bilder allerdings beweisen, als Zweijährige war ich an der Ostsee, als 5-jährige in Albrechts in Thüringen, wobei dort die Erinnerung an ein Erlebnis bereits wieder einsetzt.

Die Schulzeit ist allerdings sehr präsent. Kaum konnte ich lesen, war ich Stammgast der Autobibliothek, die jeden Donnerstag fast vor unserem Haus hielt. Später lief ich durch den Park zur Parkaue, das Zentralhaus der Jungen Pioniere "German Titow" hatte unzählige Bücher. Einmal führte eine Weihnachtsfeier von der Arbeit meiner Mutter ins ebenfalls dort befindliche Theater der Freundschaft. Nur der Name und das Thema istmir präsent geblieben "Schneeball" und Rassismus, auch wenn ich das damals wohl noch nicht so genannt habe.

Von meinen vielen Aufenthalten in unterschiedlichsten Ferienlagern war hier bereits die Rede, auch von meiner Teilnahme am Vorbereitungslager zu den X. Weltfestspielen im Pionierlager am Frauensee und dem X. Festival selbst.
Dazu kamen die jährlichen Wandertage, die wir von der Schule aus unternahmen oder die Schülerfahrten.

Pioniernachmittag, die mal mit Altstoffsammlungen, mal mit Drachensteigen, mit Wandzeitung basteln. Timurhelfer? Na klar, jahrelang trug ich älternen Menschen die Kohlen aus dem Keller und ging für sie einkaufen.
Das alles war natürlich geplant, mal von der Pionierorganisation, mal von der FDJ oder auch der Volkssolidarität, deren Mitglieder meist in die Schulen kamen, um neue Timurhelfer zu werden.

Sport? Auch das, da konnte man wählen. Sicher konnten das nicht alle in einem so vielseitigen Angebot wie ich. Nicht nur das ich in Berlin wohnte, nein es war auch noch gegenüber dem Sportforum in Berlin-Hohenschönhausen, so daß das Angebot fast überbordernd war. Und während meine Schwester sich früh für den Eisschnellauf entschied, als Spartakiadekämpferin und später B-Kader der DDR die Urkunden, Medaillen und Auslandstrainingsaufenthalte nur so sammelte, reichte mein Ehrgeiz nur zum Probieren. Geräteturnen, natürlich auch Eisschnellauf, Leichtathletik und Schwimmen, später Tischtennis, ich gebe zu, die rechte Ausdauer hatte ich für keine dieser Sportarten.
Das alles plante niemand mehr, das war meine freie Entscheidung, es kostete meine Eltern kein Geld und wenn ich keine Lust mehr hatte, habe ich mich abgemeldet und was neues probiert.

Tischtennis war dann schuld, daß ich als Jugendliche eine neue Freizeitbeschäftigung fand. In Hohenschönhausen gab es einen Jugendklub, benannt nach Victor Aronstein, der in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts in Alt-Hohenschönhausen wohnte und in Auschwitz ums Leben kam.
Sonntags wurde im Jugendklub Tischtennis gespielt, so landete ich dort und gehörte für die nächsten 4 Jahre zum Klubaktiv. Klingt für mich alles weder grau noch trist, eher nach einer schönen Kindheit.

Aber mit 17 hörte ja mein Leben in der DDR nicht auf. Als Lehrlinge hatten Freunde und ich ein Theaterabonnement, das uns in drei Lehrjahren insgesamt 18 Theaterveranstaltungen bot, die wir uns leisten konnten und das von 100,00 (1. Lehrjahr) - 150,00 (3. Lehrjahr) Mark der DDR monatlichem Entgelt.

Da kamen noch der Ernteeinsatz in den ersten beiden Studienwochen, der Studentensommer 1982 in Berlin, 1984 nochmal ein Fackelzug zum 35. Jahrestag der DDR und und und.

Sicher, diese Vielzahl an Freizeitbeschäftigungen hörten irgendwann auf. Geheiratet wurde, Kinder kamen und so drehte sich das Familienleben eben um neue Wichtigkeiten. Trotzdem Urlaube, ja natürlich innerhalb der DDR bzw. nach Ungarn, Polen oder die CSSR, Kurzreisen an die Ostsee, Neubrandenburg war ja nicht weit weg, immer wieder Berlin oder Karl-Marx-Stadt, all das gehörte auch mit Kindern und unserer Berufstätigkeit zu unserem Alltag. Grau? Trist?

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