Donnerstag, 5. April 2012

Medialer Verriß

Die mediale Bundesrepublik steht Kopf. Günter Grass hat ein Gedicht geschrieben und viele Medien stürzen sich drauf. Nun kann ich selbst mit Günter Grass nichts anfangen, irgendwie komme ich über die ersten 20 Seiten seiner Blechtrommel nicht raus und finde auch die neuerlich, so für Aufregung sorgenden Zeilen von meiner Warte aus keine literarische Höchstleistung.

Darum geht es ja auch in den Diskussionen nicht. Es geht um den Inhalt: Und sobald jemand an der Außenpolitik Israels Anstoß nimmt, fällt der Vorwurf des Antisemitismus. So ist also nicht nur Günter Grass lt. Hendryk Broder ein "intelligenter Antisemit", nein auch linke Kräfte müssen sich diesen Vorwurf immer häufiger gefallen lassen, wenn sie die Siedlungspolitik Israels, wenn sie die Besetzung des Gazastreifens, wenn sie die Bombardierung palästinensischer Gebiete kritisieren.

Was aber ist eigentlich Antisemitismus. Das "Kleine Politische Wörterbuch" vom Dietz Verlag aus dem Jahr 1967 definiert Antisemitismus so:

"feindselige Einstellung, Hetze gegen Juden, die der Ablenkung der Volksmassen von den Mißständen der Ausbeuterordnung dient. 'Der Antisemitismus ist das Merkzeichen einer zurückgebliebenen Kultur.' (Friedrich Engels). Seit der Herausbildung des Imperialismus bediente sich die Reaktion in verschiedenen Ländern (Deutschland, Österreich, Rußland, Frankreich u.a.) verstärkt des Antsemitismus zur Spaltung und zur Irreführung der Volksmassen über ihren tatsächlichen Feind und Unterdrücker, die Monopolbourgeoisie...Während der faschistisch-imperialistischen Diktatur in Deutschland (1933 - 45) erreichte der Antisemitismus seine barbarischste Form. Im Zuge der 'Endlösung' wurden in Deutschland und in dem vom faschistischen Imperialismus besetzten Gebieten von 8,3 Mill. Juden rd. 6 Mill. planmäßig ermordet..."

Man kann mit der Aussage, die Grass in seinen 283 Worten trifft, einverstanden sein oder nicht, man kann ihm widersprechen, ihn mit Fakten widerlegen, ihm jedoch Antisemitismus aufgrund dieses Essays vorzuwerfen, ist einfach lächerlich.

Jeden Tag lesen wir in irgendeiner Form in den Mainstreammedien, daß Israel dem Iran sehr konkret droht, da gegen die israelischen Hardliner von 300 Toten in den eigenen Reihen aus und das alles wird eben tagtäglich nicht etwa von israelkritischen Medien (so es die denn außer der jw gibt) verkündet, sondern findet sich in vielen Tageszeitungen, in vielen politischen Magazinen. Die Regierung der BRD sagt zu solchen Vorgängen, zu solchen Absichtserklärungen kein Wort. 

Grass spricht diese Dinge an, mahnt friedliche Lösungen an, kritisiert deutsche Waffengeschäfte mit Israel, verteidigt keineswegs die Machthaber im Iran. Grass hat Sorge um den Frieden in dieser Region. Das darf, das muß ein Künstler in künstlerischer Form thematisieren dürfen, doch wohl gerade in der BRD, die doch soviel auf die in ihr herrschende Meinungsfreiheit gibt.


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Liebe Kampfgenossin Jette,
Das gerächte Gedicht von Günter Grass ist mit treffendem Kommentar zu lesen im Blog „Die Rostige Laterne“ von Genossin Angela:
http://dierostigelaterne.wordpress.com/2012/04/05/was-hat-der-burger-grass-falsches-gesagt
Auch ich konnte und kann mit dem Schriftsteller Günter Grass nie etwas anfangen. Der Vorfall beweist aber das man in der „freiheitlichen“ imperialistischen B*R*D nichts aber auch nichts gegen das Zionistenregime schreiben darf. Freiheit die sie meinen!
Ich empfehle auch mal vorbeizuschauen in der jüdischen antizionistischen Seiten „Der Israelit“:
http://www.derisraelit.org und „Jeschurun – Judentum gegen Zionismus“ http://www.bloggen.be/jesjoeroen
Ganz liebe Grüße,
Deine Freundin
Nadja

E.Rasmus hat gesagt…

Etwas erstaunt habe ich die kritischen Bemerkungen zu dem Gedicht von Günter Grass aufgenommen. Ich wage mir nicht, an seinem hier geäußerten Stil zu rütteln. Was den Inhalt angeht, so mißfällt mir nur die Darstellung Mahmud Ahmadinedschads. Da kenne ich andere, die wirklich Maulhelden sind, wie zum Beispiel Claus Kleber vom ZDF, der ihn interviewte, aber Ahmadinedschad nicht das Wasser reichen konnte. Dem iranischen Präsidenten widerfuhr im Grunde dasselbe wie jüngst nun Günter Grass. Beide werden verleumdet. Dem Iraner wird Antisemtismus unterstellt, weil er sich gegen den Staat Israel wegen dessen rassistischer Politik gegenüber den Palästinensern konsequent ausspricht, nicht aber gegen die Juden. Nun, da der Literaturnobelpreisträger Israel als Atommacht angreift, ereilt ihn ein ähnliches Schicksal seitens besonders deutscher "Heiliger" mit ihren schmutzigen Händen, die sich hinter der Narrenfreiheit Israels als imperialistischen Joker verstecken. Und daß Grass nun, hochbetagt, mal wieder Kunst als Waffe benutzt, finde ich ehrenwert. Mag ein Reich-Ranicki seinen Geifer fließen lassen. Er macht sich selber zum Friedensfeind. Und das ist - um sein, Grass gewidmetes Attribut zu gebrauchen - "ekelhaft"! Der Friedensbewegung hat der Schriftsteller Günter Grass mit seinem Auftreten einen guten Dienst geleistet mit den

Maßgaben der Kunst

Wenn Kunst die Gemüter bewegt
Und nicht nur nach den Sternen greift,
In Herz und Hirn ein Saatkorn legt,
Von den Empfangenden gehegt,
Befreit sie sich und reift.

Wo Kunst als Fessel angepaßt,
Nachbetend, Krücken reichend
Um jeden Preis, auch nicht verfaßt
Den Widerspruch, sich selbst zur Last
Verkrüppelt sie, erbleichend.

Singt sie ihr eignes Grabeslied,
Sich selbst als Trauergast,
Dann ist’s, daß ihr zu recht geschieht,
Da sie doch vor dem Leben flieht,
Zu welchem sie nicht paßt.

Drum muß Kunst immer aufbegehr’n,
Den Horizont erweitern,
Politisch an den Stricken zerr’n,
Zerreißen, keine Scherben kehr’n.
Sie muß empör’n, erheitern.

Kunst, die das Wort SOZIAL nicht kennt,
Nicht FRIEDEN, sondern Phrasen,
Kunst, die nicht in den Herzen brennt,
Nicht einigend vom Bösen trennt,
Soll bei den Rindern grasen.


In diesem Sinne ein kämpferisch besinnliches Osterfest