
Nachdem ich gestern im neuen Rotfuchs Archie gelesen habe, sind mir doch glatt meine schönsten Erlebnisse an die Veranstaltungen im Haus der Kultur und Bildung in Neubrandenburg eingefallen.
1988 habe ich in oben genannten Haus nach 2 Babyjahren (ohja, junge Frauen bekamen 100 % des Nettogehaltes, meist waren das sogar 3 oder 4 Mark mehr) als Sicherheitsinspektor angefangen. Zu der Zeit war man auch als Frau noch Sicherheitsinspektor, das IN wurde gespart, war Gleichberechtigung aufgrund des Alltages doch eh mehr oder weniger auf dem Vormarsch, da brauchte es keine äußerlichen Ausrufezeichen.
Jedenfalls durfte ich in meiner Funktion bei den Abendveranstaltungen auch als Leiter des Hauses auftreten und somit viele Künstler der DDR wahrhaftig kennenlernen. Zu dem Zeitpunkt war ich übrigens 27 Jahre alt, hatte ein Studium hinter mir und wurde an meinem Arbeitsplatz gefordert und gefördert.
Sehr gern erinnere ich mich an Olaf Berger, an eine Veranstaltung mit den Plattfööt oder eine Aufnahme der Fernsehsendung für "Drei reizende Schwestern". Es hatte schon etwas, Marianne Kiefer, Ingeborg Krabbe und Helga Göring persönlich kennenzulernen und es war etwas ungewohnt, ihnen dabei die Sicherheitsvorschriften des HKB näher zu bringen.
All das war einfach wunderschön und doch gibt es eine unangenehme Erinnerung, die sich auch nach ca. 21 Jahren nicht verklärt.
Es ging um eine Veranstaltung mit einem damals bekannten Künstler. Ich war ja noch ziemlich jung, die Person war irgendwie nicht mein Fall, ich fand ihn arrogant naja...aber ich dachte, vielleicht täuschst Du Dich und meldete mich freiwillig zum Abenddienst, um den denn nun mal persönlich gegenüber zu treten.
Noch heute bekomme ich eine Gänsehaut, wenn ich diese Veranstaltung Revue passieren lasse. Dazu muß man wissen, daß es in der Vorbereitung solcher Veranstaltungen immer zu einer technischen Besprechung kam. Brachte der Künstler seine Beleuchtung, seine Akkustik mit oder wurden derartige Leistungen vom Veranstalter gestellt. Je nachdem, war selbstverständlich auch die Abendbesetzung der Technikabteilung geregelt.
Nach einem Blick auf das Konzept stand fest, jener bekannte Sänger brachte alles mit, so gab es an jenem nur einen Techniker vom Dienst und noch einen zweiten Kollegen.
Die Veranstaltung sollte um 19.30 Uhr beginnen, gegen 18.30 Uhr trafen Künstler und Begleitpersonen ein und wollten mit unseren Technikern Licht- und Akkustikprobe machen. Licht- und Akkustikprobe? Mit unseren Technikern? Aber nicht mit meinen Kollegen. Auf dem Zettel stand, wird alles vom Künstler erledigt, also was solls.
Inzwischen füllte sich der Saal, natürlich waren alle 603 Plätze ausverkauft, wie gesagt, ich werde diesen Abend nie vergessen und ich stand da mit einerseits der Weigerung meiner Techniker zur Unterstützung und andererseits der Drohung des Sängers ohne unseren Ton und ohne Licht nicht aufzutreten.
Ich glaube, an dem Abend bin ich 10 Jahre älter geworden, denn als "Leiterin" des Hause an diesem Abend hätte ich dem Publikum erklären müssen, warum ihr so verehrter Schlagersänger nicht auf die Bühne kommt. Aus der ganzen Umgebung waren Busse mit Gästen eingetroffen, viele Rentner waren sicher froh, überhaupt eine Eintrittskarte erwischt zu haben.
Da stand ich nun mit meinen erst 27 Jahren, unsicher und gerade von den Männern der Bühnentechnik noch nicht voll akzeptiert. Irgendwann in dieser Stunde ist es mir dann doch gelungen, unsere Techniker zur Mehrarbeit zu bewegen und die Veranstaltung begann. Eine Lehre habe ich daraus gezogen. Nie wieder machte ich freiwillig Dienst an einem Abend, wo ich Vorbehalte gegen den oder die Auftretende(n) hatte.
Und eines will ich auch erwähnen. Die Arbeit, die mir in allen Facetten Spaß gemacht hat, war mit der Einverleibung der DDR in die BRD beendet. Es gab ein DDR-Gesetz, daß die Anstellung eines Sicherheitsinspektors in Häusern, die Eigenschaus produzierten, vorschrieb. Dieses Gesetz trat am 03.10.1990 außer Kraft.
Nachtrag:
Wer den netten jungen Mann erkennt, weiß, wer mir an jenem Abend vor ca. 20 Jahren das Leben so schwer gemacht hat.
Und nein, ich habe immer noch kein eigenes Internet, jetzt fehlt noch eine Anschlußkennung und vor Dienstag kommt die nicht. Habt bitte noch etwas Geduld.