Montag, 9. November 2009

Zu Feiern gibt es wohl nichts


Es gibt Dinge, Sachverhalte, die kann ich einfach nicht beser ausdrücken:

20 Jahre "Mauerfall" - 20 Jahre Turbo-Kapitalismus

Die Propaganda-Maschinerie läuft auf vollen Touren: Wer damals noch nicht gelebt hat, muss glauben, die absolut friedliche - wenn auch etwas ungeordnete - Öffnung der Grenzübergänge am 9. November 1989 sei eine Art "Sturm auf die Bastille" gewesen. Die bewaffnete Staatsmacht hätte vor den Volksmassen nur noch kapitulieren können. Nichts davon ist wahr: Die Menschen - gleich ob Uniformträger, SED-Mitglieder oder DDR-Kritiker - schwebten im arglosen, seligen Glauben, dass der Kalte Krieg beendet sei und eine friedliche, gerechte Welt sich abzeichne. Gewalt gab es von keiner Seite.

Schon bald nach der "Wiedervereinigung" ein Jahr später wurde erkennbar, was man sich wirklich eingehandelt hatte: Unter der Devise "Die Wende muss unumkehrbar gemacht werden" wurde eine im Weltmaßstab leistungsfähige Industrie weitestgehend zerschlagen und wurden massenhaft Arbeitsplätze vernichtet. Neuerliche Montagsdemonstrationen in Leipzig gegen diese Politik fanden keinerlei Resonanz mehr in den Medien. Vielen Menschen wurde klar, wo man mit "Demokratie und Sozialer Marktwirtschaft" wirklich gelandet war: In einem Kapitalismus, der sich nun keinem Wettkampf der Systeme mehr zu stellen brauchte. Dieser Kapitalismus hat sich inzwischen zum "Turbo-Kapitalismus" weiterentwickelt.

20 Jahre später ist nicht nur eine gigantische Börsen-Spekulationsblase geplatzt; das System des modernen Kapitalismus befindet sich in einer tiefen Systemkrise. Entgegen allen Beschwichtigungsreden ist weder deren Ende erreicht, noch wissen die Kapitalismus-Befürworter, wie es wirklich weiter gehen kann. Erneutes Wachstum soll die Lösung bringen. Abgesehen davon, dass dieses nicht in Sicht ist, - die reichen Länder der Welt brauchen kein Wachstum, sie brauchen nur eine etwas gerechtere Verteilung des Überflusses. Ein - möglichst umweltschonendes - Wachstum kann nur den wirklich armen Regionen der Welt gewünscht werden.

"Demokratie" ist bekanntlich kein beliebig definierbarer Begriff; er bedeutet "Herrschaft des Volkes". Wie die Herrschaftsverhältnisse im realen System von "Demokratie und Sozialer Marktwirtschaft" wirklich verteilt sind, wird gerade aktuell wieder demonstriert: Über das Schicksal von Tausenden von Arbeitsplätzen und die Existenz ganzer Industrie-Regionen entscheidet weder das Volk noch eine gewählte Regierung. Über das Schicksal entscheiden die Manager internationaler Großkonzerne, und zwar ausschließlich unter Aspekten der Profit-Maximierung. Besser - nein schlechter - konnte zum 20 Jahrestag der wahre Charakter von "Wende" und "Mauerfall" kaum demonstriert werden.


Wolfgang Bergmann am 05.11.2009 auf Initiativgruppe Kundschafter des Friedens.



1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Meine liebe Kampfgenossin Jette,
Wieder bekommst Du einem großen Dankeschön. Wir brauchen uns nicht viel zu agitieren, zu feiern gibt es da wirklich nichts und wie wir es halten mögen die Interessierten aus unseren Blogs entnehmen. Was mir betrifft, erkläre ich auch zwanzig Jahre nach der „Maueröffnung“ und alle dessen dramatischen Folgen, stolz „Ich bin nach wie vor eine mündige, kritische Bürgerin der DDR, und nicht der BRD“.
Meinem besonderen Dank an Dir gilt heute den Link der Du gelegt hast nach der Website der Initiative Kundschafter für den Frieden. Das wird alles in den kommenden Tage und Woche genauestens gelesen und ausgewertet.
Nicht getrauert: auch unter veränderte Bedingungen geht der Kampf weiter. Für eine einige Deutsche Demokratische Republik! Das ganze Deutschland soll es sein.
Es grüßt ganz lieb,
Deine Freundin
Nadja
<3