Freitag, 27. November 2009

Wenn der Amtschimmel wiehert

Ja, ich weiß, natürlich ist es meine Schuld. Aber nachdem ich meine neue ec-Karte und mein Jobticket hatte, sind Führerschein und Personalausweis so ein wenig in Vergessenheit geraten. Vielleicht hatte ich auch einfach die Hoffnung, der Finder schickt mein Portemonnaie noch zurück.

Nun hat es sich aber ergeben, daß ich urplötzlich am Sonntag mal wieder eine Heimatreise antreten muss und schaudernd fiel mir ein, ohweia Du hast ja keine Papiere.

Also habe ich mich heute morgen mit Paßbild und Geburtsurkunde bewaffnet und ab ins Bürgerbüro Nieder-Olm. Die machen ja auch freundlichst um 07.00 Uhr schon auf und auch von dort brauche ich mit dem Bus nur eine halbe Stunde zur Arbeit.

Ich kam dort gegen 7.25 Uhr an, kein Mensch war vor mir und als ich der Dame mein Anliegen erklärte, fragte sie auch prompt nach Geburtsurkunde und Paßbildern. Okay, einen vorläufigen Führerschein gibts dort nicht, aber das wäre mir egal, wenn ich doch gleich einen vorläufigen PA in den Händen halten sollte. Fahre ich eben ohne Führerschein, ausweisen könnte ich mich ja zumindest.

Tja weit gefehlt, zwar war die Geburtsurkunde der Deutschen Demokratischen Republik in Ordnung, auch wenn die Dame dort etwas komisch draufguckte, aber das war dann doch kein Problem. Nur die Bilder, die Bilder, de gingen ja gar nicht, schließlich wären sie auf jeden Fall älter als zwei Monate. Damit könne sie nun gar nichts anfangen, aber um 10.00 Uhr mache gegenüber der Fotograf auf, dann würde alles sehr schnell gehen.

Um 10.00 Uhr hatte ich bereits auf der Arbeit einen Termin und so sagte ich ihr auch noch den wahrlich nicht sehr schönen Anlaß meiner Reise und ob mein Foto nicht wenigstens für den vorläufigen PA gehen würde, für den richtigen würde ich dann ein ganz aktuelles Foto vorbeibringen.
Nein, das ginge selbstverständlich nicht, schließlich gäbe es eine Vorschrift, Bilder dürften nicht älter als 2 Monate sein und wenn sie mir den vorläufigen PA ausstellen würde, könnte ich Ärger bekommen.

Auf mein Argument, ich würde ohne PA sicher viel mehr Ärger bekommen, ging sie leider nicht ein.
Nun frage ich mich schon den ganzen Tag, weshalb für ein Dokument, welches 10 Jahre Gültigkeit hat, ein Foto nicht genommen wird, obwohl ich darauf eindeutig als diese Person zu erkennen bin, ich habe doch nicht das Foto rechts hier im Blog mitgenommen.


Sonntag, 22. November 2009

Zum 50. Geburtstag des Sandmännchens


Die Sonne schickt uns nach und nach
ihr Licht herab zur Erde,
daß jeder Stadt und jedem Land

und jedem Dorf am Wegesrand

ihr Licht zum Leben werde.

Und wo sie immer untergeht,

da folgt im Abendscheine

ein Männlein ihr, ein zarter Wicht

mit gutem, altem Bartgesicht,

der Sandmann ist's, der kleine.

Der Sandmann ist's, der aller Welt

den Schlaf und die Träume;

er folgt der Sonne sehr geschwind,

damit er nirgendwo ein Kind

zur guten Nacht versäume.



Dieser Vers ist Bestandteil des 1964 erstmals im Kinderbuchverlag Berlin erschienenen Buches "Sandmännchen auf der Leuchtturminsel" von Rudi Strahl und Eberhard Binder-Staßfurt.

Heute vor 50 Jahren strahlte der Deutsche Fernsehfunk (DFF) um 18.55 Uhr die erste Sandmännchensendung aus und damit war der DDR-Bürger mit dem größten Fuhrpark geboren. Im An- und Abspann erfreute der kleine Mann uns mit immer schöneren und der Zeit angepaßte Fahr- und Flugmitteln, besuchte er zweimal im Jahr das hier schon vorgetellte Messemännchen, brachte Lunachod 1 den Kindern nahe, besuchte er Eskimos in ihren Iglus usw. usf. Dem Macher des Sandmännchens muß man auf jeden Fall einen gewaltigen Einfallsreichtum bescheinigen.

Und ehrlich, es war ja nicht nur das Sandmännchen, daß mich und sicherlich viele andere Kinder begeistert hat, da waren Pitti, Schnatterinchen, Moppi, Herr Fuchs und Frau Elster, Frau Igel, Mauz, Borstel und Hoppel, Thadeus Punkt und Struppi, Felix und Pünktchen oder auch Flax und Krümel sowie Frau Puppendoktor Pille. All diese Figuren begleiteten mich, bei meinen Kindern kam dann Siegfried Uhlenbrock mit Kindern am Freitagabend dazu, Plumps und der kleine König.

Nach dem, was sich heutzutage Wiedervereinigung nennt, vielmehr aber eine feindliche Übernahme war, schien auch das Schicksal des Sandmännchens besiegelt. Schließlich war er ein sozialistisches Erbe und das wollte die Obrigkeit weghaben.
Das jedoch scheiterte am Proteststurm der Zuschauer, der Menschen dieses Landes und so werden auch meine Enkel noch in den Genuß dieses vergnüglichen Abendgrußes kommen.

Ich wünsche dem Sandmännchen ein noch langes Leben in dieser furchtbar kurzlebigen Fernsehwelt.

Copyright Foto Sandmann: rbb/Stephan Pramme



Mittwoch, 18. November 2009

Tage und Nächte


Eigentlich sollte ein Artikel zu Konstantin Simonow bereits im August erscheinen. Am 28. August jährte sich sein Todestag zum 30. Mal. Da er zu meinen Lieblingsschriftstellern gehört, hatte ich mir eben zu diesem Termin den Beitrag vorgenommen.
Aber dann irgendwie auch wieder vergessen, es gab wohl andere Themen, die mich im Spätsommer beschäftigten.

Unbewußt im November greife ich regelmäßig zu einem Simonowbuch, in diesem Jahr ist es "Erinnerungen an Konstantin Simonow", diesmal kein Buch von, sondern eines über ihn.
November, ja voriges Jahr las ich um diese Zeit seine "Kriegstagebücher", im Ergebnis daraus entstand eines meiner Videos.

Heute habe ich mal überlegt, warum immer November. Vielleicht ist es einfach die Tatsache, daß ich als erstes Buch von Simonow "Tage und Nächte" gelesen habe, die Geschichte der drei Häuser in Stalingrad, mal verkürzt dargestellt. Und im November 1942, genau morgen vor 67 Jahren, begann die Offensive der Roten Armee bei Stalingrad.
Wenn auch gerade die Tagebücher ja den ganzen Krieg behandeln, ist für mich Simonow anscheinend fest mit dem Monat November verbunden.

Es gibt übrigens ein Buch von ihm, das ich nur ein einziges Mal gelesen habe, "Die Waffengefährten". Also wird es in diesem Jahr nicht bei einem Simonowbuch bleiben.

Bildnachweis: Schutzumschlag von Sibylle Juraschek "Erinnerungen an Kontantin Simonow", erschienen 1988 im Verlag Volk und Welt


Montag, 16. November 2009

Zufälle, zumindest einer,


der mich auch ein wenig traurig stimmt.
Am Wochenende, ich habe gerade im Youtube einen Ausschnitt von "17 Augenblicke des Frühlings" gesehen und dachte dabei mal wieder an meine eigene Reise nach Moskau vor fast 35 Jahren.

Ich erinnerte mich an den Belorussischen Bahnhof, an den Flughafen Scheremetjewo, an das nicht enden wollende Revolutionsmuseum und auf einmal, ja wie hieß die Straße noch gleich, die große Straße, die zum Roten Platz führte. Jeden Tag sind wir damals diese Straße entlanggegangen, sind in den Trolleybus gestiegen. Es fiel mir einfach nicht ein. Die 128. Schule war wieder da, die Schatzkammer im Kreml, nur der Name der Straße, wo es dieses wunderbare Eis für 28 Kopeken gab, in der ich meine Tischtenniskelle gekauft habe, war weg.

Heute hat mir ein Genossen den Link zu einem Bericht über die Moskauer Veranstaltung zum 92. Jahrestag der Oktoberrevolution geschickt.
Und nur ein Blick, da stand ja Gorkistraße, sofort war die Erinnerung wieder da, naklar, die Gorkistraße.

Was mich traurig stimmt, da steht auch ehemalige Gorkistraße. Also nicht nur in der BRD ist man damit beschäftigt gewesen, wichtige Persönlichkeiten, nach denen Straßen, Schulen usw. benannt waren, aus der Öffentlichkeit zu entfernen.

Bildnachweis: Moskauer Gorkistraße 1982, gefunden als Ansichtskarte unter www.kartenhimmel.de

Sonntag, 15. November 2009

Vielleicht kann sich ja die SPD

wieder mal auf ihre Wurzeln besinnen. Heute hege ich noch die Hoffnung, morgen werde ich wohl die Ergebnisse des Parteitages in Dresden lesen.



Wenn allerdings schon in der Vorbereitung des Parteitages Sätze fallen wie: "Viele Bürger haben den Eindruck, daß sich für sie die Reformen der SPD-Regierungszeit nicht rechnen.", so Olaf Scholz, brauche ich wohl keine Hoffnung mehr.

Viele werden wohl nicht nur den Eindruck haben, sondern es schmerzlich am eigenen Leib erfahren, daß sich die Reformen Hartz I bis IV nicht rechnen, sondern sie in die Armut führen.

Freitag, 13. November 2009

Ein Ärztehaus in Mainz


Heute fand ich in der AZ einen Artiekl über ein Ärztehaus. Anfang 2010 entsteht im Taubertsberg-Bürokomplex ein solches Haus und wenn bis 2011 alle Praxen eingezogen sind, sollen ca. 100.000 Patienten pro Jahr behandelt werden.

Tja, irgendwie ist mir das gar nicht neu, bin ich doch mit Begriffen wie Poliklinik und Landamulatorium aufgewachsen. Ich frage mich eher, warum erst jetzt.
Und wird dieses Ärztehaus z. B. auch nur eine Anmeldung für alle Praxen haben, nur eine Krankenakte pro Patient, in der dann die notwendigen Untersuchungen, Medikationen usw. vom entsprechenden Arzt eingetragen werden.
Dazu fand ich leider in dem Artikel nichts und so richtig glauben kann ich an eine solch effiziente Patientenversorgung nicht richtig.

Schade, vielleicht sollte man auf diesem Gebiet der Organisation doch etwas von der DDR lernen.

Natürlich heißen diese Häuser auch im Osten nicht mehr unbedingt Landambulatorium oder Poliklinik, in Leegebruch, nur als Beispiel, wurde das dortige Landambulatorium (1950 -1990) in ein Ärztehaus umgewandelt.

Bildnachweis: Zeiss-Poliklinik, 1964 fertiggestellt (www.jena.de)


Donnerstag, 12. November 2009

Soljanka-Sammelsurium, hoffentlich wird es eins


Ich gebe ja zu, mir fällt im Moment nichts anderes ein. Ich bin immer noch zu erschüttert von der Inhaltslosigkeit der Bundesmutti'chen Regierungserklärung und den 9 Minuten, die der kompetente Wirtschaftsminister einen Tag später folgen ließ.

Da habe ich mir gedacht, vielleicht finden sich Leser in diesem Blog, die mit mir ihre Soljanka-Rezepte tauschen. Also nicht unbedingt aus einem Kochbuch, sondern so, wie Ihr sie macht. Jeder nimmt ja so einige Veränderungen im Laufe der Zeit vor.

Grundlange meiner Soljanka-Kochkunst ist das Rezept aus "Kochen" Verlag für die Frau, Leipzig.

Ich koche ca. 150 g Kaßlerschälrippchen (muß ich mir aus dem Doppeldorf mitbringen) mit 2 Lorbeerblatt und ca. 6 Wacholderbeeren zu einer Brühe. Das von den Rippchen übrigbleibende Fleisch, natürlich ohne Fett, schneide ich klein.
Dann nehme ich 200 gr Zwiebel, schneide sie eigentlich nicht wirklich klein, sondern eher großzügig und brate sie in 100 g Schweineschmalz glasig. Von einem Fleicher in der Stadt besorge ich mir 200 gr Wurstanschnitte und außerdem 200 gr Fleischwurst. Die schneide ich in Würfel und alles zu den glasigen Zwiebeln. 2 Knoblauchzehen quetsche ich und 4 mittlere Gewürzgurken werden kleingeschnitten. Alles in meinen Topf zu den Zwiebeln. 100 gr Tomatenmark und 1 Eßlöffel edelsüßer Paprika vervollständigen meinen Topfinhalt. Nach ca. 5 Minuten fülle ich mit der Brühe auf, damit es 1 1/2 Liter werden, muß ich meißt aus einem Brühwürfel einen halben Liter machen. Das Ganze lasse ich 5 Minuten kochen, dann kommt noch ca. 1 Eßlöffel Soljankagewürz (wird auch aus dem Doppeldorf mitgebracht). Jetzt hat das Gericht meist 24 Stunden Zeit richtig durchzuziehen.

Serviert wird am kommenden Abend in den im Bild abgebildeten Suppentassen mit einem Teelöffel sauerer Sahne zum Binden der Soljanka.

So nun hoffe ich, daß sich über die Kommentarfunktion tatsächlich noch andere Rezepte finden.


Montag, 9. November 2009

Der Tag sollte in keinem Jahr untergehen


Heute vor 71 Jahren brannten im ganzen Dritten Reich die Synagogen. Tausende jüdischer Bürger wurden wie Freiwild gejagt. Mit der Nacht vom 9. zum 10. November 1938, mit der Kristallnacht, begann die erste Aktion der verstärkten psychologischen Kriegsvorbereitung.

Als Vorwand für den Pogrom diente die Ermordung des deutschen Legationsrates Freiherr von Rath in Paris. "8 Synagogen gingen in dieser Nacht in Flammen auf. Über 7.500 jüdische Geschäfte, Wohnhäuser und Schulen wurden zerstört. 91 Juden wurden während der Nacht in Konzentrationslager verschleppt. Den jüdischen Bürgern in Deutschland wurde eine Kontribution von einer Milliarde Reichsmark auferlegt.

Die barbarische Grausamkeit des Judenpogroms vom November 1938 stellte einen Höhepunkt in den schon seit 1933 eingeleiteten Judenverfolgungen dar. Vom 1. Februar 1933 bis zum 1. April 1936 waren bereits 93.000 jüdische Bürger aus Deutschland vertrieben worden.

Am 15. September 1935 hatten die Faschisten auf einem Parteitag das unter führender Mitarbeit von Hans Globke ausgearbeitete Rassengesetz verkündet. Danach waren Eheschließungen mit Juden unter Strafandrohung verboten. Der Nachweis der sogenannten arischen Abstammung wurde Voraussetzung für jede Anstellung bei staatlichen Dienststellen.

Nach der "Kristallnacht" folgte ein ganzes System von Verordnungen und Polizeimaßnahmen. Juden durften kein Einzelhandels- und Versandgeschäft führen. Auf die angekündigte Enteignung, die "Arisierung" der in jüdischem Besitz befindlichen Betriebe und Banken wurde forciert. Die Deutsche Bank schluckte die Menselsohn-Bank, Siemens verleibte sich das Kabelwerk Cassirer und die Helioth-Werke ein. Die AUG strich Hüschs Kupfer- und Messingwerke ein, Friedrich Flick übernahm die mitteldeutschen Braunkohlegruben des Petscheck-Konzerns und die jüdischen Anteile am Rhenania-Schiffahrts-Konzern.

Die Judenhetze und die Judenpogrome waren wohlberechnete Teile der psychologischen Vorbereitung der deutschen Bevölkerung auf dem Krieg. Sie sollten das Mitgefühl und das Solidaritätsempfinden abtöten und an Grausamkeit und Brutalität gewöhnen.

Quelle: "Geschichte der Deutschen Arbeiterbewegung", Dietz Verlag Berlin 1966



Zu Feiern gibt es wohl nichts


Es gibt Dinge, Sachverhalte, die kann ich einfach nicht beser ausdrücken:

20 Jahre "Mauerfall" - 20 Jahre Turbo-Kapitalismus

Die Propaganda-Maschinerie läuft auf vollen Touren: Wer damals noch nicht gelebt hat, muss glauben, die absolut friedliche - wenn auch etwas ungeordnete - Öffnung der Grenzübergänge am 9. November 1989 sei eine Art "Sturm auf die Bastille" gewesen. Die bewaffnete Staatsmacht hätte vor den Volksmassen nur noch kapitulieren können. Nichts davon ist wahr: Die Menschen - gleich ob Uniformträger, SED-Mitglieder oder DDR-Kritiker - schwebten im arglosen, seligen Glauben, dass der Kalte Krieg beendet sei und eine friedliche, gerechte Welt sich abzeichne. Gewalt gab es von keiner Seite.

Schon bald nach der "Wiedervereinigung" ein Jahr später wurde erkennbar, was man sich wirklich eingehandelt hatte: Unter der Devise "Die Wende muss unumkehrbar gemacht werden" wurde eine im Weltmaßstab leistungsfähige Industrie weitestgehend zerschlagen und wurden massenhaft Arbeitsplätze vernichtet. Neuerliche Montagsdemonstrationen in Leipzig gegen diese Politik fanden keinerlei Resonanz mehr in den Medien. Vielen Menschen wurde klar, wo man mit "Demokratie und Sozialer Marktwirtschaft" wirklich gelandet war: In einem Kapitalismus, der sich nun keinem Wettkampf der Systeme mehr zu stellen brauchte. Dieser Kapitalismus hat sich inzwischen zum "Turbo-Kapitalismus" weiterentwickelt.

20 Jahre später ist nicht nur eine gigantische Börsen-Spekulationsblase geplatzt; das System des modernen Kapitalismus befindet sich in einer tiefen Systemkrise. Entgegen allen Beschwichtigungsreden ist weder deren Ende erreicht, noch wissen die Kapitalismus-Befürworter, wie es wirklich weiter gehen kann. Erneutes Wachstum soll die Lösung bringen. Abgesehen davon, dass dieses nicht in Sicht ist, - die reichen Länder der Welt brauchen kein Wachstum, sie brauchen nur eine etwas gerechtere Verteilung des Überflusses. Ein - möglichst umweltschonendes - Wachstum kann nur den wirklich armen Regionen der Welt gewünscht werden.

"Demokratie" ist bekanntlich kein beliebig definierbarer Begriff; er bedeutet "Herrschaft des Volkes". Wie die Herrschaftsverhältnisse im realen System von "Demokratie und Sozialer Marktwirtschaft" wirklich verteilt sind, wird gerade aktuell wieder demonstriert: Über das Schicksal von Tausenden von Arbeitsplätzen und die Existenz ganzer Industrie-Regionen entscheidet weder das Volk noch eine gewählte Regierung. Über das Schicksal entscheiden die Manager internationaler Großkonzerne, und zwar ausschließlich unter Aspekten der Profit-Maximierung. Besser - nein schlechter - konnte zum 20 Jahrestag der wahre Charakter von "Wende" und "Mauerfall" kaum demonstriert werden.


Wolfgang Bergmann am 05.11.2009 auf Initiativgruppe Kundschafter des Friedens.



Samstag, 7. November 2009

Noch ein Jahrestag


7. November - erster Sonnentag im Leben des Proletariats
(für alle, die kein russisch lesen und verstehen können)

Plakat eines unbekannten Künstlers, veröffentlicht 1920
(aus: Illustrierte Geschichte der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution, Dietz-Verlag 1977)

Dr. Richard Sorge - Kommunist, Kundschafter, Held der Sowjetunion


Heute vor 65 Jahren wurde der Kommunist und Kundschafter der Sowjetunion in Japan - Tokio - gehenkt.

Wer war Richard Sorge, einer der erfolgreichsten Kundschafter der Sowjetarmee.

"Getarnt als Korrespondent der 'Frankfurter Zeitung' baute R. Sorge im Dienst der Sowjetunion seit 1933 in Tokio ein nachrichtendienstliches Netz auf und entwickelte Beziehungen zur deutschen Botschaft und zu Botschafter Ott, für den er ein unentbehrlicherBerater wurde und über den er die Politik der Nationalsozialisten mitbestimmte.
Im Oktober 1941, nachdem er die Sowjetunion vom geplanten Angriff der Deutschen informiert hatte, wird Sorge von den Japanern enttarnt und zum Tode verurteilt. Die Sowjetunion verleugnete ihn. 1944 wird Richard Sorge in Tokio gehenkt...
Der Mann Richard Sorge bleibt ein Rätsel. In der historischen Person aber treffendie ideologischen und moralischen Antagonismen des 20. Jahrhunderts aufeinander. Der britische Meisterspion Kim Philby bewunderte ihn als den 'einzigen moralisch nicht angreifbaren Spion'. Sorges Schicksal wird in exemplarischer Weise zum Spiegel unseres Jahrhunderts, das Margret Boveri das Jahrhundert des Verrats genannt hat."

So steht es im Klappentext des Buches "Richard Sorge - Der Mann mit den drei Gesichtern" von Robert Whymont.

Vielleicht habe ich einen falschen Eindruck, denn nach der Lektüre von "Dr. Sorge funkt aus Tokyo" von Julius Mader, Gerhard Stuchlik und Horst Pehnert hat mich o. g. Werk bis zu der Seite, an der ich nicht mehr weitergelesen habe (Seite 235 von 511, das Lesezeichen ist noch drin), sehr enttäuscht. Ich persönlich hatte den Eindruck, daß man sich mehr mit dem Alkoholkonsum und den Frauenbekanntschaften R. Sorges befaßte, als das es um die Kundschaftertätigkeit ging.

Neben der Information über den genauen Angriffstermin der faschistischen Wehrmacht konnte Richard Sorge der Sowjetunion ebenfalls mitteilen, daß Japan in absehbarer Zeit keinen Angriff auf die SU vorsah, so daß die Sowjetunion in der Lage war, sich auf die Westfront zu konzentrieren.

1964 wird Richard Sorge posthum der Titel "Held der Sowjetunion" verliehen. In Moskau gibt es in der 141. Schule seit 1967 ein "Richard-Sorge-Museum", daß 2007 nach einer Runderneuerung zum 40-jährigen Bestehen neu eröffnet wurde.

In Berlin-Friedrichshain gibt es eine Richard-Sorge-Straße, unweit der ehemaligen Bersarinstraße, in Dresden wurde ein Straße gleichen Namens nach dem Anschluß der DDR umbenannt. Weitere Straßen und Oberschulen mit seinem Namen gab es in Jena, Magdeburg und Chemnitz.

Heute an seinem 65. Todestag denken wir auch an den 92. Jahrestag der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution, die den Staat hervorbrachte, für den Richard Sorge sein Leben nicht nur einsetzte, sondern auch gab.

Bildnachweis: DDR-Briefmarke aus dem Jahr 1976

Dienstag, 3. November 2009

Königsberger erklärt die Welt

"Ob Abdullah Abdullah ein vorzeigbarerer Präsident für Afghanistan gewesen wäre als der jetzt endgültig zum Sieger ausgerufene Hamid Karsai, darf getrost bezweifelt werden. Der Verzicht des Konkurrenten des alten und neuen Präsidenten auf eine Stichwahl schmälert deshalb weder die Demokratie noch fördert er sie, denn sie steht ohnehin nur auf dem Papier."

Ohja, also nach 8jährigem Militäreinsatz, oder nennen wir das Kind beim Namen, Krieg, keine Demokratie in Afghanistan, na sowas aber auch. Dabei sind doch die Streitkräfte der USA und ihrer Statthalter ausgezogen, die Taliban zu besiegen und dem afghanischen Volke die achso unerläßliche westliche Demokratie zu Füßen zu legen.
Das scheint ja selbst nach Ansicht des Kommentators meiner Zeitung nicht geklappt zu haben.

Aber weiter:

"Das wissen alle, allen voran der US-Präsident Obama. Doch ihm bleibt nichts übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Denn ein Abwenden vom bösen Mann im Präsidentenpalast hätte zur Folge, daß die Taliban das Land endgültig überrennen würden."

Also nicht nur keine Demokratie, nun nicht mal ein Sieg gegen die Taliban wurde erreicht? Völlig neue Töne in der deutschen Presse, wenn sie nicht gerade "junge Welt" heißt.
Herr Königsberger findet aber gleich einen neuen Kriegsgrund und will uns den ordentlich schmackhaftmachen...gut, das Schüren von Angst kennen wir inzwischen.

"Deshalb wird den USA und mit ihnen Deutschland, Groß-Britannien und all den anderen Staaten, die Truppen am Hindukusch stehen haben, nichts anderes übrig bleiben, als so weitermachen wie bisher. Fällt Afghanistan, droht dem Nachbarn Pakistan endgültig offener Krieg auf eigenem Boden. Mit Blick auf die Atomwaffen dort wäre das erst recht ein Albtraum für den Rest der Welt."

Klar, so ein paar Drohnen in Pakistan, weil von der USA eingesetzt, sind nicht weiter schlimm, aber offener Krieg? Jetzt verteidigen wir also Pakistan.

"Der Verzicht auf eine Stichwahl, auch wenn sie die Verfassung des Landes vorschreibt, ist richtig. Denn mit nur einem Kandidaten wäre sie zur Farce geworden und zwar zu einer, die viel Geld und was noch weit schlimmer wäre, ganz sicher viele Menschenleben gekostet hätten. Die Taliban hätten auf jeden geschossen...."

Aha, daß schon die Ansetzung zu diesem Termins die Stichwahl zu einer Farce machte, daß die geographischen Gegebenheiten in Afghanistan eine Wahl jetzt für viele gar nicht möglich machen, keine Rede davon. Also leben die westlichen Vorzeigedemokraten mit einem Präsidenten, der schon bei der ersten Wahl massiv getrogen hat, Hauptsache, der Krieg geht weiter.

In einer anderen Rubrik der heutigen Ausgabe findet sich der Satz eines Grenzsoldaten: "Man darf nicht vergessen. Die Grenztruppe war auch Kanonenfutter."

Ich allerdings frage mich, welcher Staat wohl seine Soldaten als Kanonenfutter mißbraucht, der, der seine Soldaten in 40 Jahren seines Bestehens nie, kein einziges Mal, außerhalb des eigenen Landes eingesetzt hat, oder der Staat, der seit 1999 wieder aktiv an Kriegen in aller Welt teilnimmt.

Quelle: AZ vom 03.11.2009, Kommentar von Peter Königsberger; und Artikel "Ich habe die DDR verteidigt"

Sonntag, 1. November 2009

Ein Artikel und meine Gedanken dazu


Unter der Überschrift "Hunderte Ex-Soldaten wollen Pinochet-Verbrechen beichten" findet sich heute ein Artikel bei SpOn.

Nun ist der Artikel an sich nicht mal etwas Sensationelles. Eher die Art und Weise, in der der Artikel verfaßt wurde. Da findet sich das Wort "Machtergreifung" statt Putsch, kein Wort davon daß die Regierung Allendes aus demokratischen Wahlen hervorgegangen ist, kein Wort auch über Hintergründe, über die Beteiligung des CIA und schon gar kein Wort über die Solidarität der sozialistischen Ländern nach dem Putsch. Kein Wort auch über die Haltung der damaligen BRD-Regierung.

Ist ja schließlich auch lange her, was kümmern einen da ca. 3.200 getötete Menschen, die nichts anderes getan hatten, als ihre demokratisch gewählte Regierung während der Zeit von 1970 bis zum September 1973 zu unterstützen.
Außerdem hat man ja auch anderes zu tun, als die Aufarbeitung der Außenpolitik der damaligen Jahre. Schließlich steht ein wichtiges Jubiläum an.

Wer sich über die Haltung der DDR-Regierung, die doch so geschmähte, zur Regierung Allendes informieren will, wer erfahren will, wie Funktionäre der sozialdemokratischen Partei aus Chile mit Hilfe der HVA des Ministeriums für Staatssicherheit gerettet wurden, findet in "Flucht vor der Junta" eine interessante Lektüre.


Ungeduldig oder Warten ist schwer


Peter Hacks mit Ehefrau Anna Elisabeth Wiede

Ja, ich kann es nie wirklich abwarten. Am 1. eines jeden Monats muß ich auf die RotFuchs-Webseite, ist doch mit dem gedruckten Exemplar frühestens am 2. oder 3. zu rechnen.

Bei meinem Besuch zu Hause hatte ich sogar das Glück, die letzten Korrekturlesungen der Novemberausgabe mitzuerleben und ein wenig in dem Kommenden zu blättern.

Und während wir seit Wochen in Presse, Funk und Fernsehen auf den 20. Jahrestag des "Mauerfall" als Jubelveranstaltung vorbereitet werden, findet sich Peter Hacks' (1928 - 2003) ganz eigene Sicht auf diesen "Mauerfall" im oben erwähnten RotFuchs.

Und sie füllten alle Plätze,
Wo man Weiber hat und Wein,
Und sie führten die Gesetze
Von ganz früher wieder ein,
Stahlen auch mit langen Fingern
Land und Häuser, Vieh und Brei,
Und ein Heer von Peitschenschwingern
Brachte uns Gehorsam bei.

Bildnachweis: Edith Beseler-Remkus