Montag, 3. Mai 2010

Geht es wirklich um Rechte für Frauen


Wenn ich mich recht entsinne, waren voriges Jahr im Juni Wahlen zum EU-Parlament. Damals hat Silvana-Koch-Mehrin als Kandidatin der FDP nicht wegen ihrer innovativen Vorschläge Schlagzeilen gemacht, sondern wegen ihrer etwas dekadenten Arbeitsmoral, um mal im FDP-Jargon zu bleiben.

Fast ein Jahr war es ziemlich ruhig um sie, aber nun hat sie wieder ihre Schlagzeilen. Schrieb sie als Gastkolumne in der BamS, daß sie für ein Burkaverbot in Europa eintrete, wobei mit Europa ja wohl die EU gemeint ist.

Wörtlich: „Die Burka ist ein massiver Angriff auf die Rechte der Frau, sie ist ein mobiles Gefängnis“ und „Ich gebe offen zu: Wenn mir auf der Straße voll verschleierte Menschen begegnen, bin ich irritiert. Ich kann nicht einschätzen, wer da mit welcher Absicht auf mich zukommt. Ich habe keine Angst, aber ich bin verunsichert.“

Brauchen wir wirklich ein Burka-Verbot? Es geht nicht darum, daß höchstwahrscheinlich 99 % der vollverschleierten Frauen die Burka nicht freiwillig tragen, aber mal ehrlich, ist das ein aktuelles Problem in den unter der Europaflagge geeinten Ländern? Wieviel Burka-Trägerinnen trifft jeder von uns täglich? In Mainz mag das Kopftuch sehr verbreitet sein, aber eine Burka-Trägerin - Fehlanzeige, was mich betrifft. Auch der Niqab ist zumindest in meinem täglichen Umfeld nicht zu sehen.

In Belgien hat das Verbot von Burka und Niqab am 29.04.2010 die Abgeordnetenkammer einstimmig (2 Stimmenthaltungen) passiert und tritt in Kraft, wenn auch der belgische Senat zustimmt. Dieses Gesetz war Vorbild für die Forderung, die Koch-Mehrin jetzt für die gesamte EU aufstellte.

In diesem aufgeklärten Europa bekommen auch heute Frauen für die gleiche Arbeit nicht den gleichen Lohn ihrer männlichen Kollegen, aber um die Frauenrechte zu stärken, verbieten wir die Burka? Und vor allem, was wird damit erreicht? Macht es Sinn, mit einem solchen Verbot gegen patriarchische Strukturen in anderen Kulturen vorzugehen, lösen wir damit Parallelgesellschaften auf? Helfen wir damit den betroffenen Frauen und wird ein solches Verbot durch das Grundgesetz gedeckt?

Irgendwie klingt das für mich sehr populistisch und nach letzter Wahlkampfhilfe für die NRW-Wahl am Sonntag. Man hat mal wieder über Frau Koch-Mehrin geschrieben und gesprochen.

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Meine liebe Kampfgenossin Jette,
Ach was sind diese Parlamentabgeordnete, besonders die Politikweiber dessen, blöde! Wollen nur totalitär über Anderen bestimmen. (Hoffentlich liest die FDP Sylvana Plaplapla mit ;)…
Ich lade ein: seht Euch in meinem Blog mal die Bilder meiner Enissa und Schwester Latiffa mal an. Sehen sie aus wie „unterdrückt“ und „gezwungen“? Im Gegenteil, sie sind selbstbewußte junge Frauen, verwirklichen sich selbst und sehen dabei ganz prima aus.
Weder meine Enissa noch irgendjemand von unseren Muslimschwestern trägt ihr Kopftuch oder Niqab gezwungen. Sie geben mit dem Ausdruck an ihren Stolz Muslima zu sein. Andere moslemische Freundinnen tragen keine Kopfbedeckung, es ist da überhaupt keinen Zwang.
Die Burqa ist überhaupt nicht in unsere Traditionen.
Die Machthaber der westeuropäischen Staaten haben billige Arbeitskräfte geholt aus Ländern mit Islamtradition. Die zweite und weitere Generation sind schon Staatsbürger der hiesigen Länder geworden, wir sind hier um zu bleiben. Und, nach dem Muster der orthodoxen Juden, werden wir unsere eigene Identität behaupten, akzeptieren Integration – weil wir unteilbares Teil des Ganzen sind – weigern aber entschieden die Assimilation. Niemand wird gezwungen Muslima zu werden, aber man lasse den Muslims nach eigenem Ermessen Muslim sein. So einfach ist es eigentlich. Wenn die imperialistische politische ‚Eliten’ auf Konfrontationskurs gehen gegen den Islam werden sie bei Zeiten die passende revolutionäre Antwort bekommen.
Ganz liebe Grüße,
Deine Freundin
Nadja

Jeanette hat gesagt…

Naja, Nadja, revolutionär würde ich den Islam jetzt nicht bezeichnen, aber das GG der BRD garantiert Religionsfreiheit.
Mir ging, ich sehe es sein, es kam nicht genau genug zum Ausdruck, es wor allem darum, was so ein Erstgesetz dann eventuell noch alles für Verbote ermöglicht. Ich will auch nicht entscheiden, ob und wer die Burka, den Niqab freiwillig oder genötigt trägt. Nötigung ist aber meines Erachtens bereits ein Straftatbestand in der BRD. Ein neues Verbot wird nicht zur Integration beitragen, aber so ein Vorschlag bringt Schlagzeilen und mehr war wohl nicht gewollt.

Anonym hat gesagt…

...Ein solches Verbot heizt vor allem wieder einmal die Ausländerfeindlichkeit an...

Ich kenne die Burka vom Straßenbild her bei uns auch nicht, wohl aber den Niqab - diesen sogar sehr häufig. Dennoch gehe ich generell immer von Freiwilligkeit aus. Wenn sich einer von oben bis unten vermummt, will er nicht erkannt werden, wahrscheinlich auch nicht angesprochen werden. Also nehme ich hier eine defensive Haltung ein.

Was dieses Verbot jetzt bewirken soll, weiß ich nicht. Ich glaube, die vielen Niqab-Trägerinnen bei uns fühlen sich in normaler Kleidung auf der Straße gar nicht wohl...

Vor einiger Zeit sah ich einen Bericht zum Thema auf Arte, in dem junge Frauen zum Kopftuch befragt wurden. Sie fanden es schick, fühlten sich ohne sogar nackt, und erklärten verschiedene Tragemöglichkeiten. Kopftuch als Modeerscheinung und übliches Kleidungsteil.

In Angriffen darauf (obwohl das Kopftuch ja erstmal erlaubt bleibt) sehe ich weitere Intoleranz, weitere Ausgrenzung, weitere Einschnitte in die persönliche Freiheit derer, die vom Mainstream abweichen.

Jeanette hat gesagt…

Ehrlich Dana, Du siehst Niqabs häufig? Was ich sehe, sind (haben bestimmt auch einen ordentlichen Namen) Gewandungen, die den Kopf samt Körper bedecken, aber das gesamte Gesicht ist frei, also wird irgendwie am Kinn verbunden.
Also ich bin ehrlich, so ganz gehe ich nicht bei allen von Freiwilligkeit aus. Allerdings muß auch da eine gewollte Änderung von den Betroffenen kommen und nicht, weil unsere Kultur das sich nicht vorstellen kann, ein Verbot erlassen werden.
Es würde ja u.a. heißen, die vermeintlichen Opfer werden bestraft.

Anonym hat gesagt…

Liebe Jette,
Du hast es genau erfaßt: Es fängt mit dem Verbot der Burka an, wo werden die Inquisitoren endigen? Man könnte sogar sagen diese totalitären Methoden sind kontraproduktiv. Und inzwischen gibt es eben Schlagzeilen.
Die zweite Frage ist warum müßten Muslimfrauen sich freiwillig anpassen an „unsere“ (?) Kultur ? Gottesdienstfreiheit steht auch hier im Grundgesetz, dieses Recht muß aber immer wieder erkämpft und verteidigt werden. Nötigung tritt dann ein wenn Mädchen und Frauen in der Schule und auf Arbeit ihr „religiöses Symbol“ ablegen müssen.

Nicht nur Atheisten können den Anspruch erheben „revolutionär“ zu sein, aber das ist eine andere Diskussion.

Liebe Dana,
Erst mal freue ich mich Dich überhaupt zu lesen, zweitens Deine treffende Beobachtungen und Bemerkungen erfreuen uns (Enissa und ich) sehr. In meinem Blog gibt es auch Bilder mit schicken modebewußten Kopfbedeckungen für Muslimas (Label Islam anklicken).

Mal sehen wer sich noch zu Wort melden wagt ;)

Ganz liebe Grüße für beide,
Nadja

Anonym hat gesagt…

Doch, liebe Jette, hier laufen viele Frauen komplett verhüllt, nur mit einem Augenschlitz herum. Die Variante mit dem freien Gesicht ist freilich die häufigere, beides wird schwarz getragen. Es gibt auch Frauen als dem islamischen Bereich, die eher bunte Kopftücher lieben und nicht ganz schwarz gekleidet sind, aber meist doch in gedeckten Farben. Es sind meist ältere Frauen (soweit ich das Gesicht sehen und das beurteilen kann, aber ich denke, die teilweise Körperfülle und die Art zu gehen gibt mir Recht) und ich glaube, die fühlen sich mit dieser Tradition wohl. Jüngere Frauen sehe ich dagegen nur selten verhüllt, bestenfalls mit einem Kopftuch. Ich habe selbst einige kennengelernt, hier kam es sehr darauf an, wie offen der Vater war. Insofern ist es hier nicht ganz so mit der Freiwilligkeit. Bei uns in der Firma war es möglich, dass die Frauen mit ihren Kopftüchern arbeiten durften - ansonsten hätten sie nicht gearbeitet. Wer das freilich bestimmt hat... hm.

Ich stimme Dir jedenfalls vollends zu, dass die Änderung aus dem betroffenen Personenkreis selbst herauskommen muss. Ansonsten finde ich es schlichtweg diskriminierend.