Montag, 7. Februar 2011

7. Februar 1933


Gerade 8 Tage war es her, daß Hindenburg Adolf Hitler am 30. Januar zum Reichskanzler machte. Mit Errichtung der offenen faschistischen Diktatur in Deutschland mußte die KPD zur neuen Lage Stellung nehmen und die notwendigen Schlußfolgerungen für den weiteren Kampf der Partei ziehen.

Heute vor 78 Jahren fand deshalb im Sporthaus Ziegenhals bei Zeuthen eine illegale Tagung des Zentralkomitees mit etwa 40 Teilnehmern, darunter Ernst Thälmann, Walter Ulbricht, Matthias Thesen, Ernst Schneller, Hans Beimler, John Schehr und Wilhelm Pieck, statt. Zu verschiedenen Treffpunkten in Berlin bestellt, erhielten sie dort die Adresse der neuen Anlaufstelle bei der Treptower Sternwarte. Von dort ging es, getarnt als Angehörige eines Sportvereins zum Tagungsort weiter.

Während der Tagung sicherten drei Gruppen von zuverlässigen Parteimitgliedern die Umgebung des Lokals ab.

Kurz vor 20.00 Uhr signalisierten die Sicherungsgruppen dem Leiter der Veranstaltung, Walter Ulbricht, daß das Lokal unter Beobachtung stand. Deshalb wurde die Tagung geschlossen, ohne daß Ernst Thälmann seine Rede beenden konnte.
Ein Teil der Teilnehmer wurde mit den bereitstehenden Reisebussen nach Berlin gefahren, der andere mit einem Kahn über den See (Großer Zug) kommen und sich von dort nach Berlin durchschlagen.

Alle Teilnehmer erreichten ihr Ziel und als die SA gegen 22.00 Uhr erschien, war das Tagungslokal bereits leer.

Die Tagung war die letzte, auf der Ernst Thälmann zu seinen Genossen sprechen konnte, am 03.03.1033 fiel er der Polizei in die Hände und saß von da an bis zu seiner Ermordung am 18.08.1944 im KZ Buchenwald in unterschiedlichen faschistischen Gefängnissen und Zuchthäusern. Er wird des Hochverrats angeklagt, zu einem Prozeß kommt es nicht.

Auf der Tagung des ZK in Ziegenhals warnte Thälmann vor legalen Illusionen und stellte klar, daß diese Regierung nur durch den revolutionären Sturz abgelöst werden könnte. Dabei betonte er, der Sturz der Hitlerregierung und der Sieg der proletarischen Revolution seien nicht unbedingt ein und dasselbe.
Die zunächst wichtigste Maßnahme sei es, den Massenkampf und die Einheitsfront der Arbeiter zu organisieren. Thälmann schlug vor, ein Kampfprogramm auszuarbeiten. Darin sollte die Verbindung der Verteidigung der wirtschaftlichen Interessen der Werktätigen mit dem politischen Kampf gegen die Hitlerdiktatur zum Ausdruck kommen: "Wir müssen erreichen, daß die Kette der Massenaktionen und Massenkämpfe gegen die faschistische Diktatur in Deutschland nicht mehr abreißt ..."

Thälmann
stellte die Aufgabe, diese Teilkämpfe über Demonstrationen und Streiks zum politischen Massenstreik für den Sturz der Hitlerregierung weiterzuentwickeln und die sozialdemokratischen Arbeiter zur Teilnahme an gemeinsamen Aktionen, zur Schaffung eines Selbstschutzes in den Arbeitervierteln und für die Einheitsfront zu gewinnen.

Ebenfalls an diesem Tag fand eine Massenversammlung mit ca. 200.000 Menschen im Berliner Lustgarten statt. Sie wurde von der Eisernen Front, der Kampforganisation der SPD organisiert. Otto Wels, damaliger Parteivorsitzender der SPD sagte: "Ein Stacheldraht Verboten, Strafandrohungen umgibt von uns, wohin wir blicken. Die verfassungsmäßig gewährleisteten Rechte, die Freiheit des Wortes und der Schrift sind in einer nie dagewesenen Weise eingeengt. Wir erinnern an das alte Wort: 'Gestrenge Herren regieren nicht lange!'"

Heute wissen wir, 12 Jahre können sehr sehr lang sein und sie können Millionen Opfer fordern.

Von den o.g. Teilnehmern der illegalen ZK-Tagung in Ziegenhals haben nur Wilhelm Pieck und Walter Ulbricht den Hitlerfaschismus überlebt. John Schehr wurde am 01. Februar 1934 "auf der Flucht" erschossen, Hans Beimler starb am 01. Dezember 1936 vor Madrid auf Barrikaden (wie Ernst Busch sang) bei der Verteidigung der Spanischen Republik, Matthias Thesen und Ernst Schneller wurden am 11. Oktober 1944 im KZ Sachsenhausen gemeinsam mit 22 weiteren Funktionären der illegalen Organisation der KPD des Lagers erschossen.

Quellen: "Geschichte der Deutschen Arbeiterbewegung", Bd. 5., S. 20 - 22, Dietz Verlag Berlin 1966,
"Deutsche Widerstandskämpfer 1933 - 1945", Bd. 2, S. 190, Dietz Verlag Berlin 1970



2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Liebe Kampfgenossin Jette,
Vielen Dank für diesen mahnenden Beitrag.
Gebot der Stunde: Ehrendes Gedenken, Lehren aus der Geschichte!
Kampfesgrüße aus Flandern,
Deine Freundin
Nadja

Ramsay hat gesagt…

KAHNPARTIE ZU THÄLMANN

Der Himmel liegt wie Puder
Über dem Krossinsee.
Die Freundin rührt die Ruder.
Mir tut kein Finger weh.
Ein wirres Haubentaucherweib
Durchschwimmt mit einem Kind am Leib
Ein gelbes Feld von Mummeln.
Ich bade mir den Zeh.

Zwei wohlvertäute Fässer,
Sie lenken unsern Bug
In ein längliches Gewässer.
Es heißt der Große Zug.
Hier war es 33, als
Die KPD in Ziegenhals
Wider dem Wählerwillen
Zum letzten mal sich schlug.

Wie Klubfreunde gesellig
In Mörschels Sportlokal
Strömen sie unauffällig
Nach hinten in den Saal.
Die Kegelkugeln rollen dort.
Sie treten ein mit Mollen dort.
Das ZK der Kommunisten,
So tagt es illegal.
Mit seinen Reichstagsmandaten
War Hitlers Macht gewiß.
Nun müssen sie beraten
Die Nazifinsternis.
Der Pieck, der Ulbricht und der Schehr,
Der Beimler und noch viele mehr.
Der Thälmann weiß die Linie:
Kampf und kein Kompromiß.

Aufs eichene Tischblatt haut er.
- Mach leiser Ernst ich bitt.
Er redet immer lauter.
Man hörts im Schankraum mit.
Zu Wasser die Genossen flohn
Nach Zeuthen hin, der Bahnstation,
Wobei ihr Schiff im Dunkel
Die Dahme überschritt.

Das Motorschiff Charlotte
Ist heute noch zu sehn.
Für unsre rote Flotte
Muß es nun wieder stehn.
Von vierzig bald nach dieser Nacht.
Hat man wohl zwanzig umgebracht.
Man kann zu laut Recht haben.
Wie soll das gut ausgehn?

Und die sie nicht umbrachten,
Sind dann noch einmarschiert
Nach rauhen Völkerschlachten
Und haben uns regiert
In unsrer Republik, und der
Der Präsident geworden wär,
War der Gefangne Thälmann,
Nur war der just krepiert.

Wir sprangen unter dem großen
Ahornbaum an Land
Und sind alsbald gestoßen
Auf die Tafel an der Wand.
Mit Thälmanns Kopf und eisengrau
Ziert sie den Eingang von dem Bau:
Wir ehren dein Vermächtnis,
Dein Pionierverband.

Die Heimfahrt von der Schenke.
Der Saum von Schilf und Rohr.
Sie rudert, und ich denke.
Ich schwatze ihr ins Ohr:
Mir scheint, wenn die Partei besiegt
Und todeswund am Boden liegt,
Stehn meist zwölf dumme Jahre
Dem Vaterland bevor.

Peter Hacks