Sonntag, 8. Februar 2009

Versuch einer Antwort


Anne hat mich gestern gefragt, ob es in der DDR etwa Pionierin geheißen hat und da wurde mir wieder mal bewußt, wie unterschiedlich in den beiden deutschen Staaten an bestimmte politische Probleme herangegangen wurde und wie wenig wir eigentlich noch voneinander über diese unterschiedichen Entwicklungen wissen.

Ich kann Dir nur aus meiner Erfahrung eine Antwort geben, hoffe aber, daß zum Beispiel Yana, der Valli, vielleicht diesmal auch andere Mitleser etwas zu diesem Thema zu sagen haben.

Nein, bei uns hieß es einfach Pionier, es gab überhaupt keine solchen spezifisch weiblichen Berufsnamen. Natürlich gab es Begriffe wie Verkäuferin, Friseurin und Bäuerin, FDJlerin sagte man auch, aber eine Berufsbezeichnung hieß immer Facharbeiter für ....

Ich habe den Beruf eines Facharbeiters für Maschinenbau mit Abitur erlernt und mein Studium als Diplomingenieur für Maschinenbau abgeschlossen, was übrigens, wenn ich meinen Beruf irgendwo angeben muß, immer noch Verwunderung auslöst. Allerdings habe ich einen richtigen Kampf um Gleichberechtigung auch nicht kennengelernt. Bis zu einer bestimmten Führungshierarchie war das Geschlecht Ende der 70ziger/Anfang der 80ziger Jahre tatsächlich kein Thema. Ganz oben war das etwas anders. Schließlich war lange Zeit Margot Honecker der einzige weibliche Minister, nicht der erste, aber eben zu ihrer Zeit der einzige.

Was ich tatsächlich nicht mehr kennengelernt habe, war eine Abhängigkeit vom Mann in der Familie. Es war in meiner Kindheit, in meiner Jugend nie ein Thema, etwa auf einen Mann zum Heiraten zu warten, eine Ausbildung, eine gute Ausbildung war auch für Mädchen eine Selbstverständlichkeit. Es gab auch keine solche feministische Bewegung wie in der BRD, eine Alice Schwarzer hatten wir nicht...und auch kein IN an allen möglichen Bezeichnungen. Andererseits hatte ich immer mein eigenes Geld, war niemals von meinem Ehemann abhängig, konnte alle mich betreffenden Entscheidungen selbst entscheiden. Staatlicherseits wurde schon eine Menge getan, man denke an den § 218, der erst weder 1990 auf die ostdeutschen Frauen fiel. Beruf UND/ODER Kind war kein Thema, einen Kindergartenplatz bekam jede Frau für ihr Kind und bei Kindergrippenplätzen waren wir gerade dabei, den jeder Frau zur Verfügung zu stellen. Diese Eirichtungen hatten auch ganztägig auf (06.00 - 18.00 Uhr) und übernahmen auf jeden Fall die Mittagsversorgung der Kinder. Meine Kinder waren beide in der Krippe und danach im Kindergarten. Bis zur 4. Klasse wurde durch den Hort die Betreuung übernommen.

Sicherlich gäbe es noch vieles zu sagen, die kostenlose Abgabe der Antibabypille an Frauen jeden Alters, irgendwann fiel auch dieses "schuldig geschieden" weg. Leider habe ich nicht die 1968 in Kraft getretene sozialistische Verfassung der DDR hier, sonst könnte ich sicher einige staatliche Maßnahmen genauer benennen.

Bildnachweis: Stihl024 auf www.pixelio.de

2 Kommentare:

der armin hat gesagt…

Eine derartige geschlechtsspezifische Differenzierung in der Berufsbezeichnung hat in der DDR absolut keine Rolle gespielt - zumindest ist das meine Erfahrung aus 20 Jahren Berufstätigkeit in der DDR.

Ob männlich oder weiblich, wir waren Lehrling, Facharbeiter, Student und Diplomjurist - machten die gleiche Arbeit und bekamen das gleiche Geld.

Entscheidender als diese verbale Differenzierung war doch die tatsächliche Gleichberechtigung im Beruf und die tatsächliche Unabhängigkeit der Frau von einem "ErnährER".

Nicht auf das IN am Ende kommt es an.
Zum Vergleich an dieser Stelle die entsprechenden Absätze zur Gleichberechtigung von Frau und Mann aus dem "Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland" und der "Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik":

Art.3, Abs.2, GG
"Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin."

Art.7, Verfassung der DDR (i.d.F.vom 7.10.1949)
"Mann und Frau sind gleichberechtigt.
Alle Gesetze und Bestimmungen, die der Gleichberechtigung der Frau entgegenstehen, sind aufgehoben."


Art.20, Abs.2, Verfassung der DDR (i.d.F. vom 7.10.1974)
"Mann und Frau sind gleichberechtigt und haben die gleiche Rechtsstellung in allen Bereichen des gesellschaftlichen, staatlichen und persönlichen Lebens. Die Förderung der Frau, besonders in der beruflichen Qualifizierung, ist eine gesellschaftliche und staatliche Aufgabe."

"Staatliche Willenserklärung" oder "konkrete staatliche Aufgabe" - da zeigt sich der echte Unterschied.

Was nutzt es, sich ....technikerIN nennen zu dürfen, wenn für gleiche Arbeit am Monatsende weniger Geld in der Lohntüte ist als beim ....technikER.

Anonym hat gesagt…

In der BRD hatten, und haben!, Frauen
die schlechter bezahlten Jobs. In
manchen Arbeitsbereichen waren sie
kaum vertreten. Du Jette, bist da mit
Deiner Ausbildung wirklich was Besonderes. In solch einer Situation
war den Frauen wichtig, sich zu
positionieren, auf sich aufmerksam
zu machen. Einer der Schritte dazu
war halt die Anhängung der weiblichen
Form (´in, ´innen). Die ungerechte
Entlohnung wurde dadurch allerdings
nicht geändert. Heute wird zwar
immer die männliche und weibliche
Form benutzt, jedoch was ist weiter
auf der Strecke geblieben? Gleicher
Lohn für gleiche Arbeit, eine gute
Kinderversorgung und , vor allem,
wenn Kinder da sind, die Unabhängigkeit vom Mann.Das Ganze
ist also reichlich Makulatur, die
uns vorgaukeln soll, was nicht ist:
Gleichberechtigung!